Wir, die Klasse 10b fuhren an jenem Tag gemeinsam mit der 9b und den Lehrerinnen Frau Haase
und Frau Szögedi nach Sachsenhausen.
Sachsenhausen ist ein ehemaliges KZ, das heute als Gedenkstätte und Museum fungiert. Von 1936 bis 1950
war das Konzentrationslager in Betrieb. Es war das erste neue KZ und wurde Vorbild für alle folgenden KZs.
Über 60 000 Menschen waren in Sachsenhausen inhaftiert. Zu dem Insassen gehörten politische Gegner, Homosexuelle,
Sinti und Roma, Christen, Zeugen Jehovas und Kriminelle.
Wir fuhren mit dem Bus bis vor den Eingang der Gedenkstätte. Den Schrecken längst vergangener Tag konnte man noch spüren.
Das Leid der wehrlosen Menschen schien immer noch verzweifelt nach Hilfe zu rufen. War das nur Einbildung oder strahlte
Sachsenhausen wirklich den quälenden Tod aus?
Wir betraten die Eingangshalle des Hauptgebäudes. Es war kalt und wir freuten uns auf ein kleines bisschen Wärme. Im
Nachhinein muss ich erschreckt feststellen, wie sehr wir nur an uns selbst denken. Vor nicht einmal 80 Jahren wurden
Tausende unter unmenschlichen Bedingungen genau hier ermordet und unser größtes Problem war das Wetter! Dabei war das
Wetter gar nicht so schlecht, wie wir gerne behaupten. Die Sonne verwöhnte uns sogar mit ein paar Strahlen.
Unsere Führung begann mit einer Einführung zu allgemeinen Informationen über das Lager. Anschließend führte uns unser
Guide (eine freundliche ältere Dame) die Straße des KZs entlang, bis zum Turm A. Die Straße ist eng. Genauso breit wie
eine heutige Einbahnstraße ist sie. Stelle man sich vor, das früher Tausende von Gefangenen dort entlang getrieben
wurden, kann man das nicht glauben, dass die restliche Bevölkerung angeblich nichts davon gewusst haben will.
Der Turm A, erläuterte uns unser Guide, war der Beginn des Schreckens in Gefangenschaft, deshalb auch A, weil es der
erste Buchstabe im Alphabet ist. Wir gingen durch den Turm, der eher wie ein Tor aussah. Nun standen wir auf dem großen
Appellplatz, dem Zentrum des Lagers. Über 10.000 Gefangene mussten jeden Morgen dort aufgereiht stehen und die
Zählmaßnahmen über sich ergehen lassen. Den Häftlingen wurde erklärt, sie müssten zu sechst eine drei Tonnen schwere
Walze hinter sich her ziehen, um den Beton zu "glätten". Viele der Menschen waren jedoch schon so entkräftet, dass sie
das nicht mehr schafften. Sie wurden hart bestraft, denn sie wären angeblich faul und wollten nicht arbeiten. Zu den
Bestrafungen gehörte der bis zu ein wöchige Essenentzug oder öffentliche Prügel.
Leider waren die Baracken nicht mehr erhalten. Sie wurden durch Quadrate auf dem Boden, die mit Steinen gefüllt waren,
ersetzt. Danach zeigte sie uns die Stelle der öffentlichen Hinrichtungen und Demütigungen. Ein Schaudern war in vielen
Gesichtern zu erkennen. Und als uns auch noch erzählt wurde, dass die Henker ein Spiel daraus machten, wer die meisten
Menschen umbrächte, konnten selbst den Schülern mit der größten Beherrschung ihr Erschüttern nicht mehr verbergen.
Von einem Schock ging es zum nächsten. Wir gingen zur Gemeinschaftsküche des KZs, die zusammen mit dem Krankenhaus als
einzige Häuser in einem mehr oder weniger guten Zustand erhalten sind. Wenn ein Häftling in der Küche arbeiten durfte,
hatte er viel Glück. Viele Häftlinge starben an Entkräftung, weil sie so wenig zu essen bekamen, aber trotzdem solch
schwere Arbeiten leisten mussten.
In mehreren Außenlagern profitierten große Rüstungsbetriebe und die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG),
Siemens & Halske, DEMAG-Panzerwerk, Heinkel Flugzeugwerke, Daimler-Benz-Werke und die IG-Farben von den Zwangsarbeitern.
Ziegel wurden in der KZ- eigenen Ziegelei hergestellt.
Im unteren Teil des Küchengebäudes befanden sich Zeichnungen an den Wänden und eine alte riesige Kartoffel-Säuberungsanlage
war noch erhalten. Im oberen Teil des Gebäudes befand sich eine Ausstellung mit originalen Kleidungsstücken der Insassen
des KZs, persönliches Hab und Gut der Gefangenen und vieles mehr. Besonders erschreckend fand ich, dass jeder Insasse
seinen Namen ablegen musste und nur noch eine Zahl darstellte.
Zur Erschießungsanlage gingen wir als nächstes. Um uns zu fürchten, hatten wir keine Zeiten, denn schnell sind wir weiter
zu den Gaskammer und dem Krematorium gegangen. Wir waren schließlich nur 2 Stunden in Sachsenhausen. Ein Gedenkstein
befand sich neben den Gaskammern und viele Besucher vor uns hatten dort schon eine Blume zum Gedenken an die zahlreichen
Opfer des Vernichtungswahns abgelegt.
Als letztes zeigte uns unser Guide das Krankenhaus. Erstaunlicher Weise hatte das KZ ein Krankenhaus. Wer denkt schon,
wenn das Wort KZ hört, an Krankenhäuser. Angeblich war das eines der modernsten Krankenhäuser der damaligen Zeit. Doch
das war nur Show, wie unser Guide weiter berichtete. Nun hatten wir Zeit, uns ohne Guide einige Stellen der Ausstellung
genauer anzusehen. Viele kurz zusammengefasste Lebensläufe fanden wir. Ein Lebenslauf hat mich besonders getroffen. Ein
Gefangener solle angeblich den Hitler-Gruß verweigert haben und wurde kurz darauf deportiert.
In den ´90er Jahren haben Neo-Nazis eine der letzten erhaltenen Baracken niedergebrannt, des halb konnten wir uns
nur einen Teil der Baracke originalgetreu ansehen.
Wir sammelten viele Eindrücke und doch ist es erschreckend zu wissen, dass das nur ein kleines KZ war. In Europa gab es
über 2000 KZs, in denen Millionen unschuldiger Menschen auf brutalste Art starben.
Julia Mätzkow, Klasse 10b
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Text: Julia Mätzkow, Klasse 10b
Bildquelle: http://www.orte-der-repression.de/pix/information/Sachsenhausen_Aussen_pa_24808504_info.jpg
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