Am Dienstag, den 17. Januar, waren ganz besondere Gäste im Gymnasium Finow: die zwei Architekten
des zukünftigen Denkmals der Synagoge in Eberswalde, Dr. Fischer, welcher stellvertretend für die Organisation AMCHA
anwesend war, und Jakob Hirsch, ein Zeitzeuge, der bis kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges in Deutschland gelebt hat.
Dieser berichtete von seiner Zeit im Nazideutschland. "Wir, die damals noch Kinder waren, wussten nicht viel vom Holocaust,
aber wir bekamen mehr mit, als die Erwachsenen dachten. Als Neunjähriger zum Beispiel wunderte ich mich sehr, warum
plötzlich Lieder in den Straßen gesungen wurden, in denen der Text 'Wenn das Judenblut von Messern spritzt' oder ähnlich
ging. Ich fragte meine Eltern, warum die Leute unser Blut an ihren Messern haben wollten. Sie antworteten nur, dass
das ein Spiel sei. Auch war es seltsam, plötzlich Schilder wie 'Juden und Hunde unerwünscht' an Restaurants hängen
zu sehen. Meine ganzen Freunde wandten sich von mir ab. Zum Glück zogen wir noch weg, bevor sich die ganze Situation
noch mehr zuspitzte." Heute lebt Jakob Hirsch in Israel, Deutschland hat er noch nie als Heimat ansehen können.
Nachdem alle anwesenden Schüler der Lebensgeschichte Jakob Hirsch' zugehört hatten, trennten sich die Kurse voneinander.
Der Kunst-Kurs widmete sich mit den beiden anwesenden Architekten dem Plan des zukünftigen Denkmals an der Stelle der
ehemaligen Synagoge und der Psychologiekurs begann mit Jakob Hirsch und Dr. Fischer, über Posttraumatische
Belastungsstörungen von Holocaust-Überlebenden zu diskutieren.
Dr. Fischer erklärte dem Psychologiekurs die Aufgabe der Organisation AMCHA. Sie ist eine Selbsthilfeorganisation,
die Therapen von posttraumatischen Belastungsstörungen, die aufgrund des Holocaust auftreten, anbietet. "Eins der
größten Probleme der Zeitzeugen heutzutage ist die Einsamkeit", weiß Dr. Fischer. Genau dort versucht AMCHA,
anzusetzen und bietet Betroffenen Hilfe an durch gemeinsame Aktivitäten, verschiedene Therapien und - ganz einfach -
neue Freunde. "Wir versuchen, für die Betroffenen so etwas wie eine zweite Familie zu sein. In dem Alter der Personen
ist oft schon der Lebenspartner verstorben und durch die Einsamkeit kommen die Erinnerungen an früher wieder hoch".
Als Schlusswort mahnte Dr. Fischer die Schüler, nie die Augen vor Rassismus oder ähnlichem zu verschließen.
"Die Vergangenheit ist eure Verantwortung."
Im Anschluss fand abends noch eine öffentlich zugängliche Infoveranstaltung zu AMCHA und ihrer neuen Partnerstadt -
Eberswalde- statt. Schüler des Gymnasium Finow waren vertreten und debattierten mit Interessierten jeden Alters über
die zentrale Frage des Abends: Warum sollten wir uns heutzutage noch um Zeitzeugen in Israel kümmern? Die Ergebnisse
waren reichlich und haben die Veranstalter sichtlich zufrieden gestellt.
Therese Narbei
Die Architekten Horst Hoheisel & Andreas Knitz stellen ihre Pläne vor.
Architekt Andreas Knitz mit dem Schriftband für die Gedenkstätte
Ein Stück Zeitgeschichte: Original Stein der alten Synagoge
Zeitzeuge Jakob Hirsch im Gespräch mit Schülern
von Rechts: Zeitzeuge Jakob Hirsch, Workshopleiterin und Amcha e.V. Vorsitzender Dr. Peter Fischer
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Text: Therese Narbei
Bilder: Maximilian Becker
Diese Seite wurde erstellt von: R. Fausten